November 2013
Der saarländische Bergmann
Vortrag von Josef Bousssard im Prot. Gemeindehaus Hoof am 1. November 2013
Hoof. Das Thema hatte in der Bevölkerung anscheinend einen Nerv getroffen. Vor einem dicht gedrängten Publikum, von dem ein Teil nur noch Stehplätze fand, sprach der ehemalige Ausbildungsleiter der Saarbergwerke AG, Karl Josef Boussard aus Selbach, im protestantischen Gemeindehaus Hoof zum Thema „Der saarländische Bergmann, wie er arbeitete und lebte“. Nach der Begrüßung wies der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Ostertal, Hans Kirsch, darauf hin, dass es im 19. Jahrhundert auch im mittleren Ostertal zahlreiche Kohlengruben gegeben hatte. Nachdem diese aber unrentabel geworden waren, orientierten sich immer mehr Ostertaler Männer nach den Gruben im Saarraum. Die Zahl der im Saargebiet beschäftigten Bergleute des mittleren Ostertals stieg von 14 im Jahr 1875 bis auf knapp 400 nach dem Zweiten Weltkrieg.
Karl Josef Boussard beleuchtete zunächst den Beginn des saarländischen Bergbaus und seine Verstaatlichung im Jahr 1751 durch Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken. Fortan mussten Generationen von Bergleuten, meist für dominante Herrscher, die Kohlen unter schwierigsten Bedingungen aus dem Berg holen. Im 18. Jahrhundert als Leibeigene, ab 1815 als preußische Untertanen; und selbst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts blieb die Abhängigkeit von staatlichen Organen groß. Dabei hieß es regelmäßig: „Parieren!“, die Obrigkeit verlangte Gehorsam, Treue, Sittsamkeit, Religiosität, Tugendhaftigkeit, Enthaltsamkeit. Zwar gab es durchaus betriebliche Fürsorge für die Arbeiter wie die Errichtung von Schlafhäusern oder den Prämienhausbau, aber nur für „bedürftige, fleißige und einwandfreie“ Bergleute. Ein Mitspracherecht hatte der Bergmann selbst bei seinem Prämienhausbau nicht. Wer aber gegen das „Reglement“ verstieß, hatte mit drakonischen Strafen zu rechnen.
Durch die Zuzüge von Arbeitern aus dem nördlichen Saargebiet, dem Hunsrück und der Westpfalz änderte sich die konfessionelle Struktur des Saargebiets. Die bisher evangelische Dominanz hatte sich bis zur Mitte des 19. Jahrhundert in ein deutliches katholisches Übergewicht verwandelt. Dem gegenüber stand die preußisch-evangelische Herrschaft, die auch eine entsprechende Grubenverwaltung einsetzte. Die Gründung von Knappenvereinen und St.-Barbara-Bruderschaften, initiiert von dem katholischen Pfarrer Hansen aus Ottweiler, wurden zunächst noch begrüßt. Zu scharfen Auseinandersetzungen kam es dann aber im so genannten „Kulturkampf“, nachdem in dem katholischen Bergarbeiterdorf Marpingen jungen Frauen die Jungfrau Maria erschienen war. Aufmarschierendes preußisches Militär erstickte die aufkommende Opposition. Erste gewerkschaftliche Regungen wurden ebenfalls unterdrückt, was der Referent an der Person des Arbeiterführers Nikolaus Warken aus Hasborn demonstrierte, der „abgelegt“ wurde und künftig ohne Arbeit blieb. Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Eigentum an den Saargruben an den französischen Staat über als Ersatz für die Kriegsschäden in Nordfrankreich. Eine Lockerung der Abhängigkeit trat erst durch die Einführung der Montanmitbestimmung im Jahr 1951 ein. In den folgenden Jahrzehnten vermehrten sich die Bergschäden; diese und hohe Kohlesubventionen ließen die Stimmung gegen den Bergbau „kippen“. 2012 kam schließlich das Ende des Saarbergbaues.
In einer abschließenden Frage- und Antwortrunde wurde deutlich, dass das Schließen des Saarbergbaues noch immer mit vielen Emotionen verbunden ist. Die Veranstaltung wurde von Walter und Armin Harth mit Bergmannsliedern umrahmt, und die Wirtin Brigitte backte „Grombeerwaffele“, so wie sie die Ostertaler Bergleute früher ins Schlafhaus mitnahmen, um sich während der Woche davon zu ernähren. „Ein wunderbares Ambiente“ nannte Karl Josef Boussard diese passende Begleitung seines Vortrages.
Hans Kirsch