November 2009
Al Capone Bernhard Kimmer - ein Pfälzer Schinderhannes?
Hoof. Beim heimatgeschichtlich-literarischen Abend des Heimat- und Kulturvereins Ostertal im protestantischen Gemeindehaus in Hoof referierte Rainer Thielen aus Rehborn bei Meisenheim über sein Buch „Al Capone Bernhard Kimmel – ein Pfälzer Schinderhannes?“
Die Veranstaltung war mit rund 50 Interessenten recht gut besucht. Der Vorsitzende des Heimatvereins Hans Kirsch freute sich über die zahlreichen Gäste und begrüßte besonders den Autor. Walter Harth sorgte für die passende musikalische Umrahmung mit räuberromantischen Liedern im Gewölbekeller des Gemeindehauses, der richtige Rahmen für eine allerdings bittere und tragische Räubergeschichte.
Der Regionalhistoriker Thielen hat nach aufwändigen Recherchen Kimmels dramatische Lebensgeschichte als interessante Lektüre in einem Zeitdokument verfasst. Schon im Vorfeld habe sein Buch viel Staub aufgewirbelt, vor allem im Raum Lambrecht-Neustadt, der Heimat Bernhard Kimmels, sagte er. Beim Studium von rund 400 Presseberichten und über 350 Seiten Gerichtsurteile habe er viele widersprüchliche Angaben gefunden. Er besuchte mit dem Ex-Bandenführer sämtliche markanten Orte, sprach mit ehemaligen Komplizen und Zeitzeugen. Kimmel bezieht selbst Stellung zu den damaligen Ereignissen. Der Autor überlässt es dem Leser, sich ein eignes Urteil zu bilden.
Wer war Bernhard Kimmel wirklich? Für die einen war er der Al Capone der Pfalz, benannt nach dem berüchtigtsten Verbrecher Amerikas in den 1920-er Jahren, für die anderen eine Art Schinderhannes. Kimmel wuchs bei seinem Vater im pfälzischen Lambrecht auf, geriet jedoch schon früh auf die schiefe Bahn. Im Pfälzer Wald fanden er und seine Freunde Gewehre und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Von 1957 – 1961 war er der Kopf der nach ihm benannten „Kimmel-Bande“. Den anfänglichen Räuber- und Gendarmspielen mit Schießübungen folgten schließlich Bankeinbrüche mit einer Beute von 150.000 DM aus 187 Delikten. Die Halbstarken- und Räuberzeit endete abrupt in der Silvesternacht 1960/61. Nach einer Feier im Wald erschoss ein Bandenmitglied einen Hüttenwart. Nach und nach wurde die ganze Bande verhaftet, Kimmel zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt, kam aber 1970 vorzeitig frei. Die Regenbogenpresse nannte ihn den „Al Capone von der Pfalz“ und stilisierte ihn zum „modernen Schinderhannes“ hoch. Sogar Filme wurden über das Geschehen im Pfälzer Wald gedreht. Kimmel wurde im Kulturbetrieb herumgereicht, Illustrierte schrieben über ihn.
Aber er kam von dem kriminellen Milieu, das ihn prägte, nicht los. Im Dezember 1981 führte ihn der Weg in die Katastrophe. Bei einem Einbruch in Bensheim wurde er zum Polizistenmörder. Er bekam lebenslänglich, Im Dezember 2003 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. Insgesamt hatte er 31 Jahre hinter Gittern verbracht. Kimmel ist 73 Jahre alt und lebt heute in der Südpfalz. Der Referent zeigte noch Parallelen zu Schinderhannes auf, die Kimmel aber nicht als Wohltäter der Armen ausweisen können. Im Anschluss an das Referat schloss sich eine rege Diskussion an. Thielen musste viele Fragen beantworten.
Karl Müller, Hoof