Mai 2018


Aus der Vereinsarbeit

Einsatz für künstlerische Glaswände

Als im Jahr 2014 die Stadtverwaltung St. Wendel die beiden Friedhofshallen in den Stadtteilen Marth und Saal sperrte, war das für den Heimat- und Kulturverein Ostertal ein Alarmsignal. In der Marther Halle war Putz von den Wänden gefallen, in Saal gab es Undichtigkeiten. Angesichts des schon länger bekannten Wunsches der Stadt, die Zahl der Friedhöfe und Leichenhallen in den Stadtteilen des Ostertals zu verringern, war nicht auszuschließen, dass zumindest diese beiden Hallen demnächst abgerissen werden sollten. Tatsächlich erarbeiteten Stadtverwaltung und Stadtrat im Verlaufe des Jahres 2015 ein „Bestattungswesen-Konzept für die Kreisstadt St. Wendel“, nach dem für die Friedhofshallen Marth und Saal der „Rückbau“ vorgesehen ist. Für den Heimat- und Kulturverein bedeutete dies, den Blick der Stadt darauf zu lenken, dass es an beiden Gebäuden durchaus erhaltenswerte Bestandteile gab, nämlich je eine größere, künstlerisch gestaltete Glaswand.

Auf eine Anfrage des Vereins wegen möglicher Denkmalseigenschaften der Ostertaler Friedhofshallen antwortete das Landesdenkmalamt in Saarbrücken im Mai 2015, die meisten saarländischen Friedhofs- und Einsegnungshallen seien 2008/2009 überprüft und inventarisiert worden. Die große Mehrzahl dieser Hallen sei in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, wobei die Kommunen den entwerfenden Architekten in der Regel eine große Freiheit im Entwurf geboten hätten. Viele Architekten hätten diese Möglichkeit auch genutzt, um ungewöhnliche Grundrisse und Gestaltungen auszuprobieren. Dies gelte auch für die Ostertaler Friedhofshallen, die allerdings erst jetzt überprüft worden seien:

- in Marth, wo der Andachtsraum auf dreieckigem Grundriss mit Zeltdach und großflächig verglaster Vorderfront mit einem seitlich angeschlossenen Bau für Funktionsräume kombiniert sei;

- in Bubach, da dort der Architekt den Kontrast zwischen der zentralen Bruchsteinwand und den anschließenden Sichtbetonwänden mit einem Pultdach auf dreieckigem Grundriss kombiniert habe;

- in Niederkirchen, wo Funktions- und Andachtsraum im Grundriss über zwei miteinander verschränkten Halbkreisen mit einem Umgang kombiniert seien.

- Von hoher Qualität und gut durchdacht, wenn auch im Stilempfinden konventioneller, wirkten die Lösungen in Saal, Osterbrücken und Hoof.

In die saarländische Denkmalliste, so das Amt, sei allerdings – wegen häufig anzutreffenden gleichen Merkmalen – lediglich eine der landesweit vorhandenen Einsegnungshallen aufgenommen worden: die in Saarlouis-Diefflen (Konrad Schmitz, 1965).

Architekt der Friedhofshalle der damals noch selbstständigen Gemeinde Marth war Werner Klees aus Marpingen gewesen. Im Dezember 1966 vergab der Gemeinderat Herstellung und Einbau einer Glasfront an den Künstler Heinz Oliberius aus Neunkirchen. Die Einweihung der neuen Halle erfolgte am 3. September 1967. Die Saaler Halle plante der Architekt Erich Johann aus Freisen; die dortige Glaswand fertigte der Saarbrücker Künstler Gero Köllmann. Ihrer Bestimmung übergeben wurde die Saaler Halle am 27. Oktober 1968.

Im August 2015 wies der Heimat- und Kulturverein Ostertal in einem Schreiben an Stadtbürgermeister Peter Klär und die Stadtratsfraktionen auf die Erhaltungswürdigkeit mindestens der beiden Glaswände hin. Dieser Hinweis blieb nicht ungehört. In dem „Bestattungswesen-Konzept“, das der Stadtrat am 22. März 2016 verabschiedete, findet sich ein Abschnitt über „Kunstwerke in Friedhofshallen“, in dem es heißt, eventuell vorhandene Kunstwerke sollten bei Sanierungen entweder im Innern des Gebäudes oder an der Außenfassade als Gestaltungselemente integriert werden, oder sie sollten abgebaut und einer anderen Verwendung zugeführt werden.

Bei den Glaswänden der Friedhofshallen in Marth und Saal kam die zweite Möglichkeit zum Tragen. Durch die vom Heimat- und Kulturverein betriebene Öffentlichkeitsarbeit in Form von Presseberichten und Erörterungen in Versammlungen war die Protestantische Kirchengemeinde Niederkirchen auf das Thema aufmerksam geworden. Da in der historischen Margarethenkirche (Ersterwähnung im Jahr 977, spätgotische Form ab 1517) das Glas dreier Fenster mit der Zeit marode geworden war, sprach Pfarrer Stefan Werner den Stadtbürgermeister auf die Glaswände der beiden Friedhofshallen an – und die Stadt überließ der Kirchengemeinde das Glas kostenlos. Die Kirchengemeinde beauftragte nun den Zweibrücker Glasgestalter Eduard Angeli mit dem Einbau des Glases aus der Friedhofshalle Marth in die drei Kirchenfenster hinter dem Altar. Bei einem Festgottesdienst am 25. Juni 2017 anlässlich der 500-Jahr-Feier des spätgotischen Umbaus der Kirche wurden die neuen, nun bunten Glasfenster der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Glaswand der Saaler Friedhofshalle fand hingegen eine neue Verwendung in der Kindertagesstätte der Kirchengemeinde im Paul-Gerhardt-Haus in Niederkirchen. Der Einsatz für die gläsernen Kunstwerke hatte sich also gelohnt.

Übrigens sollen die beiden Hallen nicht ganz ersatzlos „rückgebaut“ werden. An ihren Stellen sieht das „Bestattungswesen-Konzept“ je einen kleineren Funktionsbau oder eine überdachte Fläche zum Abstellen des Sarges oder der Urne am Tag der Bestattung vor. Und auf dem Friedhof in Niederkirchen soll die derzeitige, seit 1966 bestehende Friedhofshalle ebenfalls „rückgebaut“ und an ihrer Stelle eine neue errichtet werden, deren Kapazität sich an den Notwendigkeiten aller Ortsteile des Gemeindebezirks Niederkirchen orientiert.

 

Die Künstler der beiden Glaswände

HEINZ OLIBERIUS, der die Marther Glaswand entwarf, wurde 1937 in Nordböhmen geboren und absolvierte nach der Vertreibung in Arnoldshain im Taunus eine Steinmetz- und Ornamentbauerlehre. 1959 begann er ein Studium an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main und arbeitete ab 1966 in dieser Stadt. Wenig später zog er ins Saarland, wo er zunächst in Neunkirchen und ab 1972 in Saal im Ostertal lebte und arbeitete; Werkstatt und Atelier lagen an der Straße nach Bubach. Von 1977 bis 1979 war Oliberius Kunsterzieher am Willi-Graf-Gymnasium in Saarbrücken, 1978 auch Dozent für Bildhauerei an der Europäischen Sommerakademie in Luxemburg. Von 1979 bis 1988 hatte er im Fachbereich Design der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes einen Lehrauftrag. In all den Jahren gestaltete Heinz Oliberius zahlreiche Kunstwerke im öffentlichen Raum, von 1979 bis 1984 war er auch Vorsitzender des Saarländischen Künstlerbundes. Er starb am 31. August 2001.

GERO KÖLLMANN, der Gestalter der Glaswand der Friedhofshalle Saal, wurde 1941 in Saarbrücken geboren, absolvierte nach der Volksschule und einem Intermezzo als Werkzeugmacherlehrling eine Lehre als Glasmaler und studierte anschließend Malerei und Grafikdesign in Saarbrücken, Sevilla und Krefeld. In Saarbrücken übernahm er 1963 ein Atelier samt Werkstatt für Glas-, Mosaik- und Grafik-Design. Von nun an war er selbstständig, jedoch stets in Kombination mit zusätzlichen Tätigkeiten. So begann er 1970 ein Studium an der Kunsthochschule in Kassel, das er mit dem Diplom abschloss. Auch unterzog er sich einer Eignungsprüfung für Kunsterzieher für Höhere Schulen und war kurzzeitig Verantwortlicher der Beratungsstelle für Formgebung der Handwerkskammer Rheinland-Pfalz. 1982 wurde Köllmann Leiter der Studienwerkstätte für Glasmalerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Nach Querelen um die Anerkennung seines Diploms verließ er München 1994 und wurde zum Professor für Farbdesign an der Fachhochschule Hildesheim berufen. In Hildesheim verstarb er am 14. November 2000.

Hans Kirsch

 

Friedhofshallen1
Einweihung der Friedhofskapelle in Marth 1967

 

 

Friedhofshallen2
Glasfenster in der Friedhofskapelle in Marth

Friedhofshallen3
Heinz Oliberius bei der Arbeit

 

Friedhofshallen4
Die neuen Kirchenfenster in Niederkirchen 2017

 

Friedhofshallen5
Fenster in der Friedhofskapelle in Saal