Mai 1994
07. Mai 1994
Als Wandermusikanten auf der Walz waren
Großer Heimatabend als Auftakt der Festlichkeiten zum 650. Dorfjubiläum - Festschrift
Mit dem Vortrag des Selchenbacher Heimatforschers Hans Kirsch über „Die Hoofer Wandermusikanten im 19. Jahrhundert“ begann im Saalbau Gerhart eine Reihe von Festlichkeiten zum 650. Dorfjubiläum von Hoof. Den musikalischen Part an diesem Heimatabend übernahmen Walter Harth mit seiner Hausmusikgruppe und die „Spengler“-Musikanten des MGV „Eintracht“ Hoof. Die historische Veranstaltung war ein Geschenk des Heimat- und Verkehrsvereins Ostertal an das Jubiläumsdorf. Der Verein hat auch die Gestaltung der Festschrift übernommen und bereitet derzeit unter seinem 1. Vorsitzenden Hans Kirsch eine Fotoausstellung über ,,Hoof, wie es früher war" vor.
„Die Mackebacher komme“, sagt man heute noch überall im Ostertal. Die Pfälzer Wandermusikanten waren weltweit bekannt. Dazu zählten im 19. Jahrhundert auch viele Hoofer Wandermusikanten, was erst durch die Nachforschungen von Hans Kirsch ans Tageslicht kam. Das Wandermusikantentum im Ostertal und in Hoof wurde nicht aus Freude an der Musik, sondern aus tiefer Not geboren. Die Bewohner der Westpfalz und des Ostertales lebten Mitte des letzten Jahrhunderts in elenden Verhältnissen. Kleinbauern und Tagelöhner konnten ihre Familien nicht versorgen.
1831/32 waren mehr als 20 Prozent der ländlichen Bevölkerung arbeitslos. Forstfrevel war in allen Dörfern an der Tagesordnung. Bettelzüge führten von der Westpfalz in die reichere Vorderpfalz. Zwei Fünftel des Bedarfs an Grundnahrungsmittel fehlten. 1851 beschreibt der Kuseler Landrat die soziale Lage in den Dörfern als „katastrophal“; die Zahl der Armen, Fürsorgeempfänger und Bettler war gestiegen. Die Westpfalz, zu der das Ostertal gehörte, war „das Armenhaus des Königreiches Bayern“. Zwischen 1810 und 1870 wanderten 370 Westpfälzer und Ostertäler nach Amerika aus. Aus dem sozialen Elend geboren entstand das Wandermusikantentum. Die früheste Quelle datiert aus dem Jahre 1842 und nennt den Hoofer Peter Schick als ersten Wandermusikanten, der über 30 Jahre lang - noch im Alter von 75 Jahren - dem musikalischen Broterwerb nachging.
Chronologie der Ereignisse
1846 ist von einem Johann Jakob Anton aus Niederkirchen die Rede, 1850 von Anton Schmidt aus Hoof, dessen drei Söhne später auch als Wandermusikanten in der Fremde unterwegs waren. Es folgten 1854 die Marther Ludwig Weyrich und Peter Schlicher. Ab 1862 gibt das Reisepaßregister des Kreisamtes Kusel Aufschluß über die Wandermusikanten. Danach waren insgesamt 46 Ostertäler als Wandermusikanten auf der Walz, darunter einer aus Osterbrücken, drei aus Saal, vier aus Niederkirchen, sechs aus Marth und allein 32 aus Hoof. In jener Zeit wohnten viele „Heemer“ in Elendshütten in der „Aacht“, wobei die Wohnräume in den Berg hinein gegraben waren. In der Vorstadt standen Hütten im „Pfuhl“. So sei es auch zu verstehen, daß gerade viele Hoofer als Musikanten in die Welt zogen.
Viele von ihnen blieben verschollen, so auch Johann Schreiner. Auch Kinder waren im Ausland mit unterwegs, wogegen sich die Ostertaler Geistlichkeit vehement wandte. Die überwiegende Mehrheit der Ostertaler Wandermusikanten führte es nach Frankreich, Belgien, Holland, Irland und Italien, später auch nach Nord- und Südamerika. Nach 1898 sind keine Musikanten mehr unterwegs. Die Menschen fanden Arbeit und Brot in den saarländischen Gruben und Hütten.
Der Musikpädagoge am Kuseler Gymnasium, Dr. Gernot Spengler aus Hoof, stellte die Musik der Wandermusikanten vor. Ein Großonkel von ihm aus Saal war als Wandermusikant in Amerika auf der Walz. Paul Engel, der Begründer des Musikantenland - Museums in der Zehntscheune der Burg Lichtenberg, ein Cousin von Gertrud Gerhart aus Hoof, habe das große Verdienst, die Geschichte der Westpfälzer Wandermusikanten und ihre musikalischen Werke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben. Allein 260 Notenmanuskripte, Eigenkompositionen der Westpfälzer Musikanten, habe Engel zusammengetragen. Unter der Leitung von Dr. Gernot Spengler sang der MGV „Eintracht“ „ Seht da kommt der Bettelbub“ von J. Pauli und „ Der Spielmann ist da“ von Rudolf Heyne, zwei einfühlsame Kompositionen der Wandermusikanten, die auch heute noch vielfach gesungen werden.